Alles, was man wissen muss, in 50 Grafiken
Dass Wälder hochkomplexe und für den Menschen (über-)lebenswichtige Organismen sind, hat sich in interessierten Kreisen längst herumgesprochen. Auch nicht unbedingt umweltbewegte Menschen bekommen angesichts des inzwischen buchstäblich offensichtlichen Waldsterbens eine Ahnung davon, was ihnen zukünftig verlorengehen wird, wenn sich nichts ändert. Und nicht zuletzt geht es genau darum in diesem Buch mit den vielen großformatigen grün-schwarzen Grafiken. Denn um zu verstehen, was sich ändern muss, ist das Verständnis der Ursachen und Zusammenhänge und des Systems Wald selbst notwendig. Bis zu einem gewissen Punkt liefert Das Waldbuch diese Informationen in Form von teilweise ebenfalls recht komplexen Grafiken, die aber erwartungs- und naturgemäß dem wohl dem Marketing geschuldeten Untertitel „Alles, was man wissen muss“ nicht gerecht werden können.Was ist eigentlich ein Wald?
Die Autorin Esther Gonstalla beginnt mit dem Ökosystem Wald und widmet sich gleich in der ersten Grafik der Darstellung der unterschiedlichen Waldtypen, von den temperierten und subtropischen Wäldern über die tropischen Wälder bis zu den Borealen Nadelwäldern. Der Betrachter kann bereits hier die globale Verteilung und spezifische Besonderheiten herauslesen. Und es findet eine erste Auseinandersetzung mit der Frage statt, was ist ein Wald und wie ordnen sich die industriellen Baumplantagen in das Gesamtbild ein. Auf insgesamt neun Doppelseiten findet der Leser Informationen zum Aufbau eines Waldes, zu wichtigen Baumarten in aller Welt, zum Organismus Baum, zum Kommunikationsnetzwerk Wald bis hin zum globalen Status der Wälder mit Zuwächsen und Verlusten der Waldflächen.
Die anthropogene Bedrohung der Wälder
Nicht nur diese Informationen regen bei genauerer Betrachtung zum Nachdenken an. Die Wechselwirkungen zwischen Wald und Klima mit ihren komplexen Kohlenstoffkreisläufen und die Versuche, der „Klimakrise“ über Aufforstung und Waldmanagement entgegenzuwirken stellen den Fokus des zweiten Kapitels dar. Dem Verhältnis von Wald und Mensch mit all seinen Potenzialen, Konflikten und Auswüchsen widmet sich das dritte Kapitel und vor allem der letzte Aspekt findet mit den diversen Faktoren der anthropogenen Bedrohung der Wälder in neun doppelseitigen Grafiken ihren Niederschlag. Das reicht von der globalen Abholzung für Viehzucht und Rohstoffplantagen bis hin zur Raum- und Waldfressenden Infrastruktur.
10 Punkte für den Waldschutz
10 Punkte für den Waldschutz bilden das letzte Kapitel des zweifellos hochinformativen Buches. In der Übersichtsgrafik steht an erster Stelle „Persönlicher Einsatz“, an zweiter „Konsumverhalten“. Im „Kleingedruckten“ finden sich dann Begriffe wie „anstreben“, „finanziellen Anreiz schaffen“, „finanzielle Alternativen“ (z.B. zum illegalen Abholzen) oder „stärkere Kontrolle“. Natürlich sind solche Aussagen und auch die vorgestellten beispielhaften privaten Initiativen zum Schutz der Wälder nicht grundsätzlich zu kritisieren. Aber leider geht die Autorin über die – ein wenig drastisch formuliert – freiwilligen und privaten, individuellen Reparaturbemühungen systembedingten Raubbaus gedanklich nicht wirklich hinaus. Man muss ja nicht gleich zur Revolution aufrufen, aber für eine grundlegende Änderung der anthropogenen Naturzerstörung ausschließlich auf das ökonomische System zu setzen auf dem die Probleme zum größten Teil ursächlich beruhen, halte ich für ein wenig kurzsichtig und persönlich enttäuschend.
Gute Diskussions- und Verständnisgrundlage
Dennoch eine klare Empfehlung für dieses Buch, zumindest als informative Grundlage für eine vertiefende Auseinandersetzung. Denn Grafiken, Icons und vor allem Zahlen liefern auch in diesem Buch eben nicht alles, sondern zum Teil mehr, zum Teil aber – wie in meiner Kritik aufgeführt – auch etwas weniger von dem, was man wissen muss. Eine gute, vielleicht sogar wichtige Diskussions- und Verständnisgrundlage bieten die 50 Grafiken allemal.
Esther Gonstalla: Das Waldbuch. Alles, was man wissen muss, in 50 Grafiken. Oekom 2021. Hardcover 125 Seiten.
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