Ein Buch über gesunde Ernährung
Zugegeben, Ernährungsratgeber gibt es auf dem Buchmarkt wie Sand am Meer und man darf ihnen angesichts ihrer Widersprüchlichkeit mit einem gewissen Misstrauen gegenübertreten. Ich selbst bin auch nicht gerade bekannt für meine Kompetenz in Ernährungsfragen. Wieso also wage ich es, hier ausgerechnet das Buch „Plant. Based. Mehr pflanzliche Lebensmittel essen – für Immunsystem, Darm, Haut und Hormone“ vorzustellen? Die Antwort ist einfach. Erstens versuchen meine Frau und ich seit einiger Zeit uns ernährungstechnisch tatsächlich in Richtung vegan oder zumindest weitgehend fleischlos zu ernähren und zweitens hat mich der Klappentext neugierig gemacht, der u.a. verspricht, dass es bei gesunder Ernährung weder um Verzicht noch um Kalorienzählen noch um sonstige Rechnereien und genussfeindliche Kontrollmechanismen geht.Aufgeräumt und informiert
Einfach wird die ganze Geschichte damit aber nur bedingt. Allein Teil 1 Plant. Based. Basics zeigt, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit tatsächlich sind. Die Ernährungswissenschaftlerin Laura Merten und die Ernährungsmedizinerin Dr. med. Marie Ahluwalia setzen sich zunächst mit den gängigen Ernährungs- bzw. „Healthy-Eating“ -trends auseinander. Dabei wird klar, dass beispielsweise Konzepte wie „Säure-Basen-Ernährung“, „Clean Eating“ oder „Glyx-Diät“ zwar in die Plant. Based. Ernährung passen, jedoch jeweils wichtige Aspekte einer gesunden Ernährung außer Acht lassen. Schrittweise führen die Autorinnen anschließend in die Wechselwirkungen von Lebensmitteln, ihren physiologisch wichtigen Bestandteilen und deren Bedeutung für den Stoffwechsel ein. Dabei erscheinen Reihenfolge und Detailliertheit ein wenig willkürlich und sprunghaft, sodass der/die LeserIn nie so genau weiß, befindet er/sie sich noch in der Einführung oder bereits im inhaltlichen Teil. Mit vielen Redundanzen jedenfalls erreicht der/die Leser schließlich - nach Informationen zur gesamten Bandbreite der Erkenntnisse der aktuellen Ernährungsforschung einschließlich der Antwort auf die Frage „was steckt drin in unserer [auch industriell produzierten] Ernährung?“ - Teil 2 „Plant. Based. Gesund.“
Erkennen, was wir essen
Ähnlich redundant wie Teil 1 präsentiert sich der zweite Teil, der die Rolle einer ausgewogenen pflanzenbasierten Ernährung, die sich durch eine große, bunte Vielfalt möglichst wenig verarbeiteter pflanzlicher Nahrungsmittel auszeichnet, für das Immunsystem, den Darm, Haut und Haare und nicht zuletzt den Hormonhaushalt, behandelt. Teil 3 führt schließlich in die Praxis. Da finden sich Tipps zur Vorratshaltung geeigneter Lebensmittel, Zubereitungshinweise, Empfehlungen für die generelle Zusammenstellung einer Mahlzeit oder gesunder Ersatzprodukte für gewohnte, aber ungesundere Lebensmittel sowie Ratschläge zur schrittweisen Umstellung der Ernährungsgewohnheiten. Dabei entwickelt sich auch das Verständnis dafür, dass pflanzliche Kost nicht per se gesund ist, dass die Auseinandersetzung mit der Ernährungsphysiologie eine wichtige Voraussetzung für gesunde Ernährung ist und dass tatsächlich das „Erbenszählen“ hinsichtlich Mengen, Kalorien, Ballaststoffe etc. recht überflüssig ist.
Inhaltlich sehr empfehlenswert
Teil 4 mit seinen Plant. Based. Rezepten stellt mehr als eine bloße Zugabe dar. Immerhin lassen sich hier die bislang gewonnenen Erkenntnisse anhand tatsächlich schmackhafter Gerichte gewissermaßen sinnlich umsetzen. Zudem animieren sie nicht nur dazu, das Buch öfter in die Hand zu nehmen, sondern auch immer wieder in den inhaltlichen Abschnitten nachzuschlagen. Besonders erfreulich übrigens auch der angehängte Abschnitt über die häufigsten Ernährungsmythen wie Fett macht Fett, Gluten ist ungesund oder Entgiftungskuren, die anhand ernährungswissenschaftlicher Informationen entzaubert, relativiert oder als Unsinn entlarvt werden.
Keine Frage, das Buch ist allein wegen seiner geballten offensichtlich weitgehend ideologiefreien Informationen und praktischen Umsetzbarkeit sehr empfehlenswert und meine Frau und ich werden es wohl des Öfteren zu Rate ziehen. Die Struktur der einzelnen Kapitel mit den zahlreichen Redundanzen trifft allerdings – um im Bilde zu bleiben – nicht meinen persönlichen Geschmack. Sie erinnert mich ein wenig an die nervigen Werbedauersendungen gewisser TV-Kanäle und das hätte das Buch gar nicht nötig gehabt!
Laura Merten, Dr. med. Marie Ahluwalia: Plant. Based. Mehr pflanzliche Lebensmittel essen – für Immunsystem, Darm, haut und Hormone. Südwest 2022. Hardcover, 224 Seiten.
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