Montag, 30. Mai 2022

Jessica Hilbert

Interview mit einer Katzenbuchautorin

Jessica Hilbert
Mit ihrem Roman Katzenagenten, Bedrohung aus dem Nebel hat die promovierte Chemikerin Jessica Hilberts 2019 ihr schriftstellerisches Debut vorgelegt. Nach meiner persönlichen Einschätzung und insbesondere vor dem Hintergrund ihres ursprünglich durchaus gespaltenen Verhältnisses zu Lesen und Schreiben erstaunlich gut gelungen. Denn Jessicas Hilberts Weg zum Buch war nicht unbedingt vorgezeichnet oder gar geradlinig und das Verfassen eines Katzenromans schon gar nicht. Jessica gehört zu den schriftstellerischen Ausnahmeerscheinungen, die nicht für sich in Anspruch nehmen können, dass sie schon solange sie denken können, schreiben wollten – eher das Gegenteil war der Fall.

Über die Geschichte, wie sie schließlich doch zum Schreiben kam und wie der Katzenagentenroman entstanden ist, gibt Jessica Hilbert auf ihrem Blog Buchstabenpfote ausführlich Auskunft. Darüber also, könnt ihr, meine geschätzten KulturstromleserInnen, dort in aller Ruhe stöbern. Immerhin sind es diese Informationen und natürlich die Lektüre des Buches, die mich auf die Idee des Interviews und auf die folgenden Fragen gebracht haben.

Wolfgang: Eigentlich ist ja so ziemlich alles an Deiner SchriftstellerInnenpersönlichkeit ein wenig ungewöhnlich. Dazu gehört ja auch die Art, wie Du Dich und Deine Arbeit auf Blog und Seite der Buchstabenpfote präsentierst. Ich habe selten einen Autorenblog gesehen, in dem so umfassend über die Recherchen, die Buchentstehung oder die Herkunft der Charaktere und die Quellen informiert wird. Hat dieser Informations- und Dokumentationsdrang etwas mit Deiner naturwissenschaftlichen Ausbildung zu tun? Und vor allem: Bekommst Du da eine entsprechende Resonanz von Deinen Lesern?

Jessica: Als ich diese Frage gelesen habe, musste ich doch erst einmal lachen. Offenbar gebe ich durch meinen Blog doch deutlich mehr von mir preis, als ich gedacht hätte.

Baghira
Ja, die Art und Weise hat definitiv mit meinem naturwissenschaftlichen Hintergrund zu tun. Neugierig und den Sachen auf den Grund gehen - das war bei mir schon immer der Fall. Ich wollte auch bei den Charakteren gründlich sein. Baghira, Susi und Fuchur - mit diesen Katzen bin ich quasi aufgewachsen, die kenne ich. Aber die anderen Charaktere? Da musste ich erst einmal recherchieren. Denn sagen wir so - ich würde mich eher unwohl dabei fühlen über etwas zu schreiben, worüber ich mich nicht gründlich vorher informiert habe. Nach dem bisherigen Feedback kommen meine Charaktere und deren Umgebung glaubwürdig rüber, worüber ich mich natürlich sehr freue. Ziel erreicht würde ich sagen 😉

Zum Thema Dokumentation: Wer hat sich nicht schon einmal geärgert, weil eine kleine Information noch einmal schnell nachgeschlagen werden musste - und dann ist wieder der halbe Tag flöten gegangen? Deswegen gebe ich mir Mühe alles gründlich mit Quellenangeben aufzuschreiben, das habe ich tatsächlich sehr schnell im Studium gelernt. Es spart am Ende viel Zeit, Arbeit und Nerven.

Wolfgang: Hinsichtlich des Settings hast Du ja unter anderem auf einen gewissen Einfluss der Scheibenwelten hingewiesen. Ich habe da wohl nicht zufällig noch einiges mehr geglaubt, entdecken zu können, etwa Harry Potter, iCats oder Jägermond. Liege ich da richtig?

Jessica: Deine Entdeckungen finde ich jetzt sehr interessant. Denn ich gebe zu: iCats und Jägermond habe ich erst während der Recherche zu meinem Buch entdeckt - und bewusst erst gelesen, nachdem mein Buch fix und fertig war. Gerade weil ich nicht (auch unbewusst) etwas übernehmen wollte und meine eigenständige Welt erschaffen wollte. Aber offenbar ergeben sich einfach gewisse Ideen, wenn man derartige Romane über Katzen schreibt und/oder mit Katzen aufgewachsen ist. So hat bestimmt jeder Katzenfreund von den Katzen des alten Äygpten gehört und somit auch der Katzengöttin Bastet. Da liegt der Reiz nahe, diese einzubauen. Zudem zeigt auch die Entstehungsgeschichte von iCats - Katzen scheinen einfach die geborenen Agenten zu sein J. Harry Potter habe ich als Kind/Jugendliche gelesen, aber nicht bewusst eingebaut. Aber wer weiß, was mein Unterbewusstsein da angestellt hat?

Wolfgang: Egal was Dich in welchem Maße beeinflusst haben mag, erfreulicherweise geht das vollkommen in der von Dir geschaffenen eigenständigen Welt auf. Kannst Du noch ein paar „echte“ Quellen/Einflüsse nennen, die vielleicht nicht so bekannt sind?

Jessica: Die magischen Komponenten sowie einige andere Aspekte sind tatsächlich aus einer Computerspielreihe: The Elder Scrolls, welche ich rauf und runter gespielt habe. Die B-Dimension z.B. unter anderem an Anlehnung an die Welt des Daedrafürsten Hermaeus Mora, den Fürsten des Wissens entstanden. Und der Wabberjack existiert tatsächlich so im Spiel als Waffe des Fürsten des Wahnsinns - und Recherche sei Dank - der Name des Stabes im Spiel, wiederum beruht auf Alice im Wunderland. Allerdings ist die Schnittmenge derer, die mein Buch gelesen haben und dieses Spiel gespielt haben bisher eher gering, deswegen dürfte dieser Einfluss bisher kaum jemandem aufgefallen sein.

Wolfgang: Im zweiten Band Im Nebel des Schicksals sollte ja, wie Du auf Buchstabenpfote schreibst, ursprünglich Baghiras Schwester Susi die ProtagonistInnenrolle übernehmen. Warum eigentlich. Liegt es nicht nahe, die Protagonistin in den Folgebänden einer Reihe beizubehalten, bis sie bestenfalls von einer neuen Generation abgelöst wird? Glücklicherweise hast Du Dich umentschieden und Baghira wenigstens ihre Ausbildung beenden und ein weiteres Abenteuer bestehen lassen 😉. Einsicht oder Druck aus der Leserschaft?

Jessica: Ehrlich gesagt: weder noch. (Lacht schon wieder). Ich weiß nicht wie andere das hinbekommen, aber meine Charaktere machen mitunter was sie wollen.

Susi
Wie geschrieben, war für mich völlig klar, dass das nächste Abenteuer mit Susi in der Hauptrolle spielt - wer die wahre Susi im echten Leben kennt, würde das sofort nachvollziehen können. Sie ist vom Charakter her einfach die quirligere, die nicht stillsitzen kann und immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen ist. Während Baghira eigentlich die ruhigere war, aber halt durch ihre Eigenständigkeit und vor allem durch ihre ausgedehnten Streifzüge mich erst auf die Idee für „Katzenagenten“ gebracht hat.

Davon abgesehen mag ich persönlich auch Reihen, in denen die Geschichten abwechselnd einen anderen Charakter in den Fokus rücken, z.B. Animorphs, und so die Gelegenheit bieten diesen Charakter näher kennenzulernen.

Ich hatte also geplant, Baghira, Susi und Fuchur abwechselnd Abenteuer bestehen zu lassen.

Nun ja, Planung ist dazu da über den Haufen geworfen zu werden. Ich hatte bereits begonnen meine Ideen für die Geschichte mit Susi zu sortieren - da hat sich eine andere Idee dazwischengeschoben. Daraus ist dann „Im Nebel des Schicksals“ mit Baghira in der Hauptrolle geworden. Und nun ist da eine weitere Idee, die sich dazwischen zu drängen scheint, diesmal mit Fuchur in der Hauptrolle, sodass die eigentliche Idee mit Susi an vierte Stelle gerückt ist.

Wolfgang: Du hast geschrieben: Da Band 2 wieder von Baghira handelt, müssen sich Susi und Fuchur noch etwas gedulden. Aber die beiden werden noch ihr eigenes Abenteuer bekommen … PS: für Band 3 scharrt Fuchur mit den Pfoten und für Band 4 hat sich Susi bereits lautstark zu Wort gemeldet.“ Und für Band fünf gibt es auch schon eine Idee. Da wird mir als Autorenkollege ja ganz schwindelig, vor allem, wenn es wie Du schreibst, passieren kann, „dass ich noch eine Urban-Fantasy Trilogie (Arbeitstitel “TraWe”), einen Krimi (Arbeitstitel “4Z”), einen weiteren Fantasyroman (Arbeitstitel “DuLa”) und ein paar Kurzgeschichten in die Welt entlasse.“

Platzt Dir da nicht der Kopf vor Ideen, die raus müssen und wächst da nicht der Frust aufgrund der beschränkten Umsetzungsmöglichkeiten?

Es geht keine Idee verloren
Jessica: Wenn ich eins die letzten Jahre gelernt habe, dann: 1. eins nach dem anderen, 2.der Tag hat nun einmal nur 24h und 3. geschlafen werden muss auch noch.

Ich sehe es momentan so: ich habe keine Angst, dass mir die Ideen ausgehen. Das ist doch auch schon mal was J. Ich habe zudem ein Dokument auf dem Computer und ein Notizbuch, wo ich all diese Ideen sammele, verloren gehen können sie nicht. (Ich und mein Dokumentationsdrang.)

Aber ja, manchmal ist er doch da, dieser Frust, dass man sich nicht einfach hinsetzen und schreiben, schreiben, schreiben kann bis endlich alles „auf dem Papier“ ist.

Zurzeit komme ich überhaupt nicht zum Schreiben, da mein zweiter Nachwuchs noch kein Jahr alt ist. Weder an meinen Buchprojekt noch an meinem Blog, selbst dieses Interview war bereits eine Herausforderung (die ich aber gerne wahrgenommen habe). Ich ziehe meinen Hut vor allen, die es mit kleinen Kindern schaffen regelmäßig zu schreiben.

Manchmal brennt es mir geradezu unter den Nägeln auch selbst wieder an meinem Buchprojekt zu arbeiten, aber ich weiß gerade das erste Jahr mit dem Nachwuchs geht so schnell rum und bevor ich da etwas verpassen … deswegen (s.o.) eins nach dem anderen und bald ist sie wieder da, die Gelegenheit zu schreiben und die Ideen in Geschichten zu verwandeln. Denn schließlich ist Band 2 auch entstanden, nachdem Nachwuchs Nr.1 da war. Es hat bloß alles etwas länger gedauert und ist leider nicht ganz fertig geworden bevor Nachwuchs Nr. 2 da war.

Wolfgang: Ich hatte am Anfang ja bereits Deinen Blog lobend erwähnt und zum Stöbern empfohlen. Tatsächlich aber vermisse ich eine Möglichkeit, dem Blog z.B. per E-Mail -Nachrichten zu folgen aber auch eine etwas breitere und aktivere social-media-Präsenz. Ist da noch etwas geplant und wo kann man/frau Dich denn bereits finden?

Jessica: Tja, siehe Antwort vorherige Frage. Der Tag hat nur 24h. Da muss man Prioritäten setzen und Abstriche machen. Neben meinem Blog bin ich bisher nur bei Twitter zu finden. Gerade der Bereich social media ist bei mir noch stark ausbaufähig. Aber es steht alles auf meiner To-Do-Liste. Es wird sich also in Zukunft in diesem Bereich noch einiges tun. Ob es in allzu naher Zukunft sein wird, mag ich nicht versprechen.

Aber natürlich braucht mein Blog schon dringend mehr Aufmerksamkeit von mir. Mein letzter Beitrag ist von September letzten Jahres, da ist doch einiges passiert, über das ich schreiben möchte und muss.

Vor allem habe ich das Bedürfnis für Baghira einen Beitrag zu schreiben. Im März hat sie ihre Reise über die Regenbogenbrücke angetreten. Aber es fehlte mir bisher leider die Ruhe, um hierfür die richtigen Worte zu finden.

Wolfgang: Das kann ich gut nachvollziehen und ich wünsche Dir, dass Du diese Ruhe bald findest. Ansonsten freue ich mich schon darauf, wenn es mit Deiner literarischen Schaffenskraft wieder aufwärts geht.

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.

Alle Fotos © Jessica Hilbert

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