Das Who's Who
unserer tierischen Nachbarn
Mit 28 tierischen
Portraits versuchen Ruthild Kropp und Carina Heberer ihre Leser für
nicht immer sonderlich charmant wirkendes Getier in unserer
unmittelbaren Nähe zu begeistern. Nicht alle der vorgestellten
Krabbler, Kriecher und Kraucher werden und dabei wesentlich
sympathischer, interessant sind Spinne, Speckkäfer, Schabe & Co
allemal.
Keine Frage, die im
doppelten Sinne gemeine Stubenfliege ist uns als Nervensäge und
Schmutzverursacher hinlänglich bekannt. Und längst weiß der
aufgeklärte Bildungsbürger, dass die facettenäugigen Flugakrobaten
unsere heranschnellende Hand in Zeitlupe sehen und sich damit
üblicherweise unseren plumpen Mordversuchen entziehen können. Auch
über Wespe, Stechmücke, Zecke, Milbe oder Kopflaus ist uns einiges
bekannt, oft genug aus persönlicher Erfahrung. Trotzdem, die
Informationen, mit denen die beiden Autorinnen aufwarten, rücken
einiges unseres als gesichert geltenden Wissens gerade und
überraschen den Leser mit spannenden Details zum Leben und Wirken
unserer tierischen Zimmergenossen, Untermieter und Nachbarn.
Lebende
Fossilien hinter der Tapete
Wohl dem, bei dem
beispielsweise Silberfischchen Obdach suchen. Silberfischchen sind
sogenannte Urinsekten, die bereits seit rund 300 Millionen Jahren die
Erde bevölkern. Zugegeben, nicht jeder ist glücklich (nicht nur) in
seinem Bad diese evolutionsgeschichtlich aufregenden Winzlinge zu
beherbergen. Dabei lassen sie sich kaum in der Öffentlichkeit sehen,
fressen Schimmelpilze und vertilgen Hausstaubmilben. Unerfreulich
vielleicht, dass alle stärke- und glukosehaltigen Materialien zu
ihrer Lieblingsspeise gehören. das macht sich unter Umständen nicht
nur in der Speisekammer, sondern auch in feuchten Bibliotheken
bemerkbar. Auch wenn das auf den ersten Blick keine echte Empfehlung
für die lebenden Fossilien zu sein scheint, ihr gelegentlich
massives Auftreten ist nicht Ursache, sondern Indiz für
beispielsweise feuchte, schimmlige Wände.
Minikrebse im
Keller
Feuchtigkeit
brauchen auch die bekannten Kellerasseln, denn ihre Ahnen lebten noch
im Wasser. Die Krebstiere sind nützliche Wesen, die sich unter
anderem um die Kompostierung von faulendem Holz und Falllaub kümmern
und dienen Fröschen, Vögeln, Spinnen oder Maulwürfen als nahrhafte
Beute. Spannend am Asselgetier ist, dass es weltweit mit rund 3500
Arten vertreten ist. Das reicht von der Landassel, der Wasserassel
über so skurrile Wesen wie die Fischassel oder die Wüstenassel bis
hin zur Riesenassel. Letztere bewohnt die Tiefsee und kann bei bis zu
45 Zentimeter Länge rund 1,7 Kilogramm auf die Waage bringen.
Beruhigend, dass unsere einheimischen Keller- und Mauerasseln mit
ihren 18 Millimetern zu den kleinen Vertretern dieser Krebstiere
gehören.
Infos von
Biologie bis zur Kulturgeschichte
Zu unseren Nachbarn
und Untermietern gehören natürlich auch in unseren Augen
attraktivere Vertreter des Tierreiches. Vögel, Siebenschläfer, ja
sogar Mäuse dürften auf der Beliebtheitsskala deutlich über
Schaben, Wanzen und Spinnentieren stehen. Und auch hier liefern die
Autorinnen interessante Einsichten in das Leben, die Fähigkeiten und
Besonderheiten, die dem Leser bislang nicht unbedingt geläufig
waren. Das liegt natürlich auch daran, dass die vorgestellten Wesen
nicht nur biologisch sondern auch kulturgeschichtlich betrachtet
werden. Dabei räumen Ruthild Kropp und Carina Heberer in ihrem Buch
auch mit so manchem Vorurteil auf. So hat der Ohrwurm zwar durchaus
einen Bezug zu Ohren, krabbelt aber mitnichten hinein, um das
Trommelfell durchzubeißen, wie viele Menschen noch heute glauben.
Ach ja, und ein Wurm ist das geflügelte Insekt mit den großen
Kneifzangen am Hinterleib auch nicht. Die Verbindung zu den Ohren hat
der Mensch hergestellt. So galt der pulverisierte Ohrwurm bereits im
Mittelalter als Heilmittel gegen Ohreninfektion oder Taubheit.
Respekt vor der
Natur
Die Autorinnen
liefern zu jedem der 28 vorgestellten Tierarten eine Fülle an
Informationen, die sowohl in locker geschriebenen Text als auch in
spezielle Informationskästen untergebracht sind. Egal welche
Beziehung der Leser zu den tierischen Nachbarn vor der Lektüre des
Buches hatte, er wird diese im Einzelfall nicht unbedingt lieben, in
jedem Fall aber ihre Natur respektieren und bewundern lernen.
Ruthild Kropp, Carina Heberer:
Tierische Begegnungen. Das Who's Who unserer tierischen Nachbarn.
Theiss 2018. Gebunden mit Schutzumschlag, 200 Seiten.
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