Samstag, 15. März 2014

Pöttchen, Jokes und Terrier

Interview mit Autorin Carmen Bauer

Eigentlich habe ich für die Aufzählung in der Überschrift die falsche Reihenfolge gewählt, umgekehrt wird ein Schuh draus. Aber Pöttchen, Jokes und Terrier klingt einfach glatter. Tatsächlich sind es jedoch die Zwerge mit Löwenherz, die Yorkshire-Terrier, die mir als erstes einfallen, wenn ich den Namen Carmen Bauer höre. Und dann ist da ihre nordirische Wahlheimat, die sich nicht nur durch eine wunderschöne Natur, sondern auch durch offene und humorige Menschen auszeichnet. Carmen Bauers Jokes and more from Ireland lassen nicht nur das anglophile Herz höher schlagen. Und neuerdings hört man immer öfter von einem gewissen Pöttchen. Nein, das ist keine kleine Kaffeetasse, sondern ein ausgewachsener Lehrer, der Protagonist in Carmen Bauers Jugendbüchern.

Kulturstrom: Wenn Sie über Yorkies oder Jokes, über Wanderungen durch Ihre Wahlheimat oder philosophische Ausflüge schreiben, dann ist Ihr persönlicher Bezug immer recht nachvollziehbar. Beim Pöttchen sieht das ein wenig anders aus. So haben Sie auf der Carmen Bauer- Homepage zwar ihre Motivation zum Schreiben der Pöttchengeschichten offengelegt, ich werde aber den Verdacht nicht los, dass den Büchern möglicherweise auch eigene Jugendsünden zugrunde liegen könnten.

C. Bauer: Ja, das ist nicht so ganz verkehrt. Ich habe noch Aufzeichnungen aus meiner eigenen Jugendzeit und diese liegen meinen Manuskripten für die Pöttchenbücher zugrunde. Einen Teil der Manuskripte habe ich schon vor sehr vielen Jahren geschrieben. Da gab es noch gar keine Computer, Handys oder Tablets. Kinder haben stattdessen noch an der Haustür geklingelt und gefragt, ob man zum Spielen runter auf die Straße kommt. Beim Überarbeiten meiner alten Texte war ich mir unsicher, in welcher Zeit ich das Ganze spielen lassen sollte. Wenn ich alles in die Moderne transferiert hätte, hätten manche Szenen gar keinen Sinn mehr ergeben. Einer der 24 Akteure, Plonk z.B. rennt ja immer mit einem Kassettenrekorder herum. Damit kann man viel mehr machen als z.B. mit einem iPhone, nämlich ganze Partys veranstalten, oder Pöttchen einen Streich spielen, oder Gespräche zwischen den Entführern aufnehmen. Überhaupt, ich weiß nicht, wie ich die Kommunikation zwischen den Jugendlichen z.B. mit einem Handy hätte darstellen sollen. Wenn man seine eigene Jugendzeit mit all seinen Streichen und Erlebnissen vor Augen hat, dann wirken Handys eher „unlebendig“ – man kommuniziert ja mit einem Gerät und nicht mit einem Menschen. Also fasste ich dann nach reiflicher Überlegung den Entschluss, Vieles so zu lassen, wie ich es schon vor etlichen Jahren geschrieben hatte. Man muss nicht immer und ständig alles bis ins Detail der Moderne anpassen. Und ein klein wenig verbinde ich damit die Hoffnung, dass Kinder wieder lernen, was zusammen spielen bedeutet.

Kulturstrom: Ihre große Leidenschaft haben Sie nach Ihrem Umzug nach Nordirland gefunden. Dabei meine ich nicht Ihren Mann, der ja wohl Anlass für den Umzug war. Ich meine auch nicht die eindrucksvolle Natur der Insel, sondern jene winzigen Hunde, die ihre körperliche Zerbrechlichkeit durch jede Menge Mut und Charakter ausgleichen. Als Sie mit den Yorkies konfrontiert wurden haben Sie sich recht schnell gegen den ursprünglich angedachten Dackel entschieden, obwohl Sie die Zwerge ja erst im Laufe der Jahre richtig kennengelernt haben. Warum eigentlich?

C. Bauer: Stimmt! Das habe ich auch in meinen beiden Büchern über meine Yorkies erklärt. Anfangs wusste ich ja noch nicht einmal, dass es sich um Yorkshire Terrier handelte. Wie kleine Teddybärchen sahen sie aus. Aber nicht nur das – sie brachten und bringen mich jeden Tag zum Lachen. Es wird nie langweilig mit diesen possierlichen Kerlchen. Das mag vielleicht auch damit zusammenhängen, dass die Yorkies Haare haben, die wie beim Menschen ständig wachsen. Dadurch verändert sich auch ihr Aussehen. Die meisten Menschen kennen Yorkshire Terrier nur mit einem Schleifchen am Kopf. Meine Crumbells (das ist der Zwingername) toben hier überall in der Natur herum – lange Haare und Schleifchen würden da nur stören.
Ein ganz großer Vorteil dieser Hunderasse ist übrigens, dass sie nicht, wie andere Tiere, haaren. Ich bin gegen Tierhaare allergisch und hätte von daher auch mit einem Dackel große Schwierigkeiten gehabt. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass meine Schwiegereltern über fünfzig Jahre lang Yorkshire Terrier gezüchtet hatten. Elisabeth Taylor kam seinerzeit eigens aus den USA angereist, um zwei Crumbells zu kaufen. Mein Schwiegervater, den ich leider nie kennengelernt habe, verstarb vor etlichen Jahren und meine Schwiegermutter ist über 90 Jahre alt und lebt in einem Pflegeheim, weil sie Alzheimer hat. Die ganze Hundezucht wurde deshalb vor einigen Jahren schon aufgelöst und ich hatte damals zwei Hunde, nämlich Jack und Susi, übernommen. So bin ich ja doch eigentlich auf den Hund gekommen.

Kulturstrom: Nun sind es schon zwei Yorkie-Bücher geworden worin unterscheiden die sich eigentlich?

C. Bauer: Das erste Buch ist eher ein Ratgeber, für solche Menschen, die mehr Sicherheit im Umgang mit ihrem Yorkie haben wollen. Das zweite Buch beinhaltet Kurzgeschichten, Erlebnisse mit meinen Zwergen hier in Nordirland. Der Ratgeber ist entstanden, weil ich damals bei meinen ersten Yorkshire Terriern selbst Rat suchte, wie ich diese kleinen Wesen am besten behandele. Als Kind hatten wir einen Schäferhund – das ist ganz etwas anderes als so ein Winzling. Ich hatte mich anfangs durch eine Fülle von (englischen und deutschen) Büchern gewälzt, um in Erfahrung zu bringen, was speziell diese kleinen Hunde brauchen und was sie mögen. Am Ende war ich sehr enttäuscht, denn keines dieser Bücher konnte mir auf diese Frage Antworten bieten. Nachdem ich mir dann viele Informationen über diese Hunderasse aus dem Internet und in Gesprächen mit anderen Yorkie-Besitzern zusammengesucht hatte, beschloss ich, daraus ein Buch zu machen. Ich dachte mir, wenn es mir so geht, dass ich keine brauchbaren Informationen über meine Hunde in den gängigen Büchern finde, dann geht es anderen Menschen bestimmt auch so. Na ja, der Erfolg meines Buches gibt mir da ja auch recht.
Das zweite Buch war eine spontane Entscheidung aus dem Bauch heraus gewesen. Ich hatte eigentlich gar nicht vorgehabt, noch einmal ein Yorkie-Buch zu schreiben. Aber so viele Menschen hatten mich dazu ermutigt, dass ich mich freute, ein weiteres Buch über meine Crumbells zu veröffentlichen. Das sind überwiegend Erlebnisse mit meinen Lieblingen, Spaziergänge und Touren hier in Nordirland, die ich zum Teil auf meinem Blog beschrieben hatte. Ich wollte und will damit auch verdeutlichen, dass diese Winzlinge im Prinzip ganz normale Hunde sind, mit denen man alles Mögliche unternehmen kann.
Leider ist während der Veröffentlichung dieses Buches mein geliebter Hund Jack gestorben, so dass es garantiert keine weiteren Bücher über die Crumbells mehr geben wird. Wer mehr über die beiden Bücher wissen möchte, kann gerne in einem der „Flippbücher“ oder auf meiner persönlichen Homepage stöbern.

Kulturstrom: Zwei Bücher sind auch von den Jokes auf dem Markt. Da steckt viel englischer oder irischer Humor – ja welcher denn eigentlich -  drin? Gibt es da Unterscheidungsmerkmale? Können Sie da mal was zum Besten geben und haben Sie selbst bestimmte Vorlieben?

C. Bauer: So ganz genau kann ich auch nicht sagen, worin der Unterschied zwischen dem englischen und dem irischen Humor besteht. Angeblich kommen die besten Witze aus Irland, wobei es sich bei dem irischen Humor um sogenannten „Galgenhumor“ handelt. Meine nordirischen Nachbarn und Freunde erklärten mir einmal, dass sie die vielen Jahre des blutigen Bürgerkrieges nicht so unbeschadet überstanden hätten, wäre ihr Humor nicht gewesen. Was mir immer wieder auffällt ist, dass die Iren über sich selbst lachen – das ist mir sehr sympathisch – und dass sie in jeder Situation etwas zum Lachen finden.
Als mein erstes Witzebuch fertig war, habe ich es Deutschen und Iren zum Lesen angeboten. Die Deutschen – mit einigen wenigen Ausnahmen – verzogen bei der Lektüre keine Mine. Die Iren waren ganz das Gegenteil. Ihr Gesicht erhellte sich und sie lachten laut los. Ich habe es wirklich nie zuvor erlebt, dass Menschen sich so über Witze freuen. Selbst eine Zeitung in Belfast wurde auf mich aufmerksam und schrieb einen Artikel über mich und mein Buch. Für mich war die Zeit, in der ich mein erstes Witzebuch erstellte, eine wunderbare Zeit gewesen, denn ich hatte sehr viel Spaß gehabt und so viel wie noch nie gelacht. Aber es war auch ziemlich anstrengend, für 100 Seiten Witze zu finden, die auch in Deutschland verstanden werden. Das war ja auch die ursprüngliche Idee gewesen, weshalb ich inzwischen schon zwei Jokes Bücher veröffentlicht habe. In Deutschland war ich so oft auf Witze in Englisch angesprochen worden, dass ich schließlich meine gesammelten Witze in einem Buch herausbrachte. Mittlerweile habe ich sogar genug Jokes, dass sie noch für ein drittes Buch reichen.

Ich habe ein „Flippbuch“ über meine Joke Bücher gemacht. Da kann man auch ein paar Witze lesen und mehr über die Bücher erfahren.
Für die Ungeduldigen unter Ihren Lesern hier schon mal eine kleine Kostprobe:

Fairy Godmother

An Englishman, an Irishman and a Scotsman were forced by a wicked witch to jump over a cliff but their fairy godmother obtained for them a concession that whatever word they spoke before they jumped they would land in.
'Feathers,' said the Englishman, and he landed on a nice soft bed of feathers.
'Cushions,' said the Scotsman, and he landed on a nice big soft cushion.
The Irishman ran up to the edge of the cliff, tripped, and, as he fell over he said, 'Oh shit.'

Kulturstrom: Gibt es neben Yorkies, Yokes und Pöttchen auch neue literarische Projekte, an die sie sich demnächst gerne wagen würden?

C. Bauer: Ja, mehrere sogar. Mein erster Roman ist zurzeit bei meiner Lektorin, Elsa Rieger. Sie hilft mir dabei, dem Lesestoff, der mit vielen Rückblenden arbeitet, den letzten Schliff zu geben. Vom Inhalt möchte ich noch nicht allzu viel preisgeben. Es geht im Wesentlichen darum, dass die Hauptfigur Angelina, den Verdacht hat, ihr Vater sei von seiner dritten Ehefrau (Angelinas Stiefmutter) umgebracht worden. Auch wenn sich ihr Verdacht immer mehr erhärtet, kann sie es aber nicht beweisen. Klarheit schafft erst ein Telefonat mit der Tochter des ehemaligen Lebensgefährten der Stiefmutter. Dieser war ebenfalls viele Jahre zuvor unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen.
Die Idee zu diesem Buch lag schon seit zwei Jahren mitsamt Titel in meiner Schublade. Als ich vor ein paar Monaten damit anfing, das Manuskript zu schreiben, stellte ich fest, dass demnächst ein Buch mit dem gleichen Titel auf den Markt kommt. Um Verwechslungen zu vermeiden, habe ich mich dann für einen anderen Titel entschieden: „Vatermorde und andere Intrigen“, der mir allerdings nicht so hundertprozentig für meinen Roman gefällt.
Unabhängig wie der Titel dann letztendlich sein wird, hoffe ich, dass man mein neues Buch demnächst kaufen kann.
Ein Yorkie-Buch wird es nicht mehr geben, aber ich trage mich mit dem Gedanken, ein Buch über unseren neuen Mitbewohner, das ist ein Chihuahua-Rüde, zu schreiben. 
Und last not least - ein drittes Pöttchenbuch ist auch schon in Arbeit. 

Kulturstrom: Frau Bauer, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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