Freitag, 23. November 2018

Die Weisheit alter Hunde

„Gelassen sein, erkennen, was wirklich zählt – Was wir von grauen Schnauzen über das Leben lernen können“ lautet der vielversprechende Untertitel des neuesten Buches der Wolfs- und Hundeexpertin Elli H. Radinger. Das Buch, das die Spiegel-Bestsellerliste ziert, ist in erster Linie eine Hommage an die Hunde der Autorin, an Hunde generell und an alte Hunde im Besonderen. Tier-, speziell Hundefreunde finden hier vieles, was ihnen in Zusammenhang mit ihren eigenen vierbeinigen Lieblingen bekannt vorkommt. Elli H. Radinger garniert ihre persönlichen Erfahrungen zusätzlich mit eigenen Gedanken und Hintergrundinformationen.


Gelassenheit und Lebensfreude als zentrale Botschaft

Ja, einige der Gedanken und Erkenntnisse der Autorin stimmen nachdenklich und zweifelsohne gelingt es ihr, die Emotionen der Leser zu stimulieren. Wichtig und hilfreich zudem die Passagen, die sich mit dem Altern, Sterben und Tod, mit Verantwortung und Lebensfreude beschäftigen. Tatsächlich zeigt sich hier die wahre Stärke – und wenn man es unbedingt so nennen möchte - „Weisheit“ alter Hunde, denn die sind in der Lage das unvermeidliche zu akzeptieren und zu genießen, was möglich ist. Auch die Bilder der Graunasen mit denen das Buch reichhaltig illustriert ist, sind anrührend und verströmen genau das, womit sich die Autorin auseinandersetzt: Gelassenheit und Lebensfreude.

Weisheiten oder Sprüche?

Auch auf die Gefahr hin, mich bei den Fans der Autorin unbeliebt zu machen, aber ich hatte bei der Lektüre dieses Buches so meine Probleme. Bereits das Inhaltsverzeichnis liest sich wie die Facebook-Timeline von Sprücheteilern. „Alter – eine Frage der Einstellung“, na wer hätte das gedacht. „Erkenne, was wirklich zählt“, klar, geliked. „Lebe im Hier und Jetzt“ oder „Lass los, was du nicht festhalten kannst“. Immerhin 26 solcher Weisheiten sind hier getitelt und man sollte inhaltlich tatsächlich nicht viel mehr erwarten. Um nicht missverstanden zu werden: Die Erkenntnisse sind nicht unbedingt falsch (aber schon gar nicht neu) und die Stories aus denen die Autorin sie ableitet teils nett, teils unterhaltsam, teils wirklich anrührend und immer wieder auch aufschluss- und hilfreich. Und selbstverständlich können wir uns hinsichtlich der eigenen Lebensbewältigung ungemein viel von unseren vierbeinigen Lebenspartnern abgucken. Aber bereits das Inhaltsverzeichnis deutet eine Menge inhaltlicher Wiederholungen an und diesbezüglich enttäuscht Elli H. Radinger ihre Leser nicht.

Die Autorin im Mittelpunkt

Apropos Wiederholungen. Nach meinem Dafürhalten sollte es reichen, wenn die Autorin ein-, vielleicht zweimal darauf hinweist, dass sie ihrer alten Hündin zuliebe ihre Wolfsforschung in Kanada aufgegeben hat und ihren Lebensunterhalt nunmehr mit Vorträgen und eben dem Buchschreiben in Deutschland bestreitet. Auch die Tatsache, dass sie sich in der Wildnis – ganz ihrer bei den Wölfen und Hunden entdeckten Weisheit entsprechend – auf sich allein gestellt und ohne zivilisatorischen Ballast am wohlsten gefühlt hat muss nicht empfundene 20 mal erwähnt werden. Ohne Zweifel ist es ein sehr persönliches und emotionales Buch und das soll auch gar nicht kritisiert oder gar in Frage gestellt werden. Dennoch ist das Buch mit seinen 319 Seiten meines Erachtens hinsichtlich seines Gehalts eindeutig überdimensioniert. Vielleicht habe ich ja aufgrund des spektakulären Titels, der wohl an den Erfolg von „Die Weisheit der Wölfe“ anknüpfen soll, einfach etwas anderes erwartet.

Elli H. Radinger: Die Weisheit alter Hunde. Ludwig 2018, Gebunden mit Schutzumschlag 319 Seiten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen