„Gelassen sein, erkennen, was
wirklich zählt – Was wir von grauen Schnauzen über das Leben
lernen können“ lautet der vielversprechende Untertitel des
neuesten Buches der Wolfs- und Hundeexpertin Elli H. Radinger. Das
Buch, das die Spiegel-Bestsellerliste ziert, ist in erster Linie eine
Hommage an die Hunde der Autorin, an Hunde generell und an alte Hunde
im Besonderen. Tier-, speziell Hundefreunde finden hier vieles, was
ihnen in Zusammenhang mit ihren eigenen vierbeinigen Lieblingen
bekannt vorkommt. Elli H. Radinger garniert ihre persönlichen
Erfahrungen zusätzlich mit eigenen Gedanken und
Hintergrundinformationen.
Gelassenheit und Lebensfreude als
zentrale Botschaft
Ja, einige der Gedanken und
Erkenntnisse der Autorin stimmen nachdenklich und zweifelsohne
gelingt es ihr, die Emotionen der Leser zu stimulieren. Wichtig und
hilfreich zudem die Passagen, die sich mit dem Altern, Sterben und
Tod, mit Verantwortung und Lebensfreude beschäftigen. Tatsächlich
zeigt sich hier die wahre Stärke – und wenn man es unbedingt so
nennen möchte - „Weisheit“ alter Hunde, denn die sind in der
Lage das unvermeidliche zu akzeptieren und zu genießen, was möglich
ist. Auch die Bilder der Graunasen mit denen das Buch reichhaltig
illustriert ist, sind anrührend und verströmen genau das, womit
sich die Autorin auseinandersetzt: Gelassenheit und Lebensfreude.
Weisheiten oder Sprüche?
Auch auf die Gefahr hin, mich bei den
Fans der Autorin unbeliebt zu machen, aber ich hatte bei der Lektüre
dieses Buches so meine Probleme. Bereits das Inhaltsverzeichnis liest
sich wie die Facebook-Timeline von Sprücheteilern. „Alter – eine
Frage der Einstellung“, na wer hätte das gedacht. „Erkenne, was
wirklich zählt“, klar, geliked. „Lebe im Hier und Jetzt“ oder
„Lass los, was du nicht festhalten kannst“. Immerhin 26 solcher
Weisheiten sind hier getitelt und man sollte inhaltlich tatsächlich
nicht viel mehr erwarten. Um nicht missverstanden zu werden: Die
Erkenntnisse sind nicht unbedingt falsch (aber schon gar nicht neu)
und die Stories aus denen die Autorin sie ableitet teils nett, teils
unterhaltsam, teils wirklich anrührend und immer wieder auch
aufschluss- und hilfreich. Und selbstverständlich können wir uns
hinsichtlich der eigenen Lebensbewältigung ungemein viel von unseren
vierbeinigen Lebenspartnern abgucken. Aber bereits das
Inhaltsverzeichnis deutet eine Menge inhaltlicher Wiederholungen an
und diesbezüglich enttäuscht Elli H. Radinger ihre Leser nicht.
Die Autorin im Mittelpunkt
Apropos Wiederholungen. Nach meinem
Dafürhalten sollte es reichen, wenn die Autorin ein-, vielleicht
zweimal darauf hinweist, dass sie ihrer alten Hündin zuliebe ihre
Wolfsforschung in Kanada aufgegeben hat und ihren Lebensunterhalt
nunmehr mit Vorträgen und eben dem Buchschreiben in Deutschland
bestreitet. Auch die Tatsache, dass sie sich in der Wildnis – ganz
ihrer bei den Wölfen und Hunden entdeckten Weisheit entsprechend –
auf sich allein gestellt und ohne zivilisatorischen Ballast am
wohlsten gefühlt hat muss nicht empfundene 20 mal erwähnt werden.
Ohne Zweifel ist es ein sehr persönliches und emotionales Buch und
das soll auch gar nicht kritisiert oder gar in Frage gestellt werden.
Dennoch ist das Buch mit seinen 319 Seiten meines Erachtens
hinsichtlich seines Gehalts eindeutig überdimensioniert. Vielleicht
habe ich ja aufgrund des spektakulären Titels, der wohl an den
Erfolg von „Die Weisheit der Wölfe“ anknüpfen soll, einfach
etwas anderes erwartet.
Elli H. Radinger: Die Weisheit
alter Hunde. Ludwig 2018, Gebunden mit Schutzumschlag 319 Seiten.
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