Ein Buch
über die geheimnisvollen Vögel
Wir kennen
sie als weise Eule der Athene, als unheimliche Todesboten, als Wächter der
Schatten oder einfach als selten sichtbare Waldbewohner. Auf Flugschauen der
Falknereien lernen wir zudem, dass er imposante Uhu und seine Kollegen aufgrund
ihrer besonderen Flügelausstattung den geräuschlosen Flug beherrschen, des
Nächtens jagen oder ein unglaubliches Hör- und Sehvermögen haben. Dass der Uhu
gerne auch mal den ebenfalls oft vorgeführten Adler als Beute schlägt, erfährt
der Besucher der Flugschau kaum. Dabei weisen die rund weltweit 250 Eulenarten
nicht nur gravierende Unterschiede Verhalten, Eigenschaften oder Größe auf. So
bringt der Elfenkauz gerade einmal 40 g
auf die Waage, während der Uhu bis zu 4,6 kg Eigengewicht durch die Lüfte
wuchtet. In ihrem Buch Eulen stellen die Fotografen und Autoren Mike Unwin und
David Tipling mehr als 50 Arten dieser faszinierenden gefiederten Beutegreifer vor.
Bereits in
der Einleitung wird dem Leser klar, dass er es bei den zwei Familien der Ordnung
der Eulen ([Schleiereulen (Tytinidae) und Eigentliche Eulen (Strigidae)] mit
einer außerordentlich vielseitigen und hinsichtlich Erscheinungsformen,
Eigenarten und Fähigkeiten geradezu aufregenden Gruppe von Greifvögeln zu tun hat. Den Eulenvögeln
gemeinsam ist der große Kopf, das runde Gesicht, die riesigen nachtsichtigen und
unbeweglichen Augen, der mehr oder minder stark ausgeprägte
Sattelitenschüsselartige Federkranz um die Augen, das außerordentlich gute
Gehör und die Fähigkeit, den Kopf um bis zu 270 Grad zu drehen. Aber nur 69
Prozent der Arten sind nachtaktiv, drei Prozent jagen tagsüber und der Rest
eher in der Dämmerung. Eulen gelten als Standortfest, dennoch gehören einige
Arten wie etwa die Schneeeule zu den Zugvögeln. Eulen bewohnen nicht nur den
Wald, sondern nahezu alle Habitate der Erde. Sie unterscheiden sich auch in
ihrer „Jagdausstattung“. So haben beispielsweise Fischuhus ungefiederte Beine,
um beim Jagen kein Wasser aufzunehmen, dafür aber Schuppen an den Klauen, die
es ermöglichen, ihre glitschige Beute sicher zu halten.
Spezialisten und Generalisten
Über
erstaunliche Kräfte verfügen sie alle. Die meisten sind in der Lage, Beute zu
schlagen, die größer und schwerer ist, als sie selbst. Die Klauen des etwa 2,5
kg schweren Virginia-Uhus beispielsweise können ebenso viel Druck ausüben, wie
der Biss eines Rottweilers. Der langbeinige Kaninchenkauz ist als ausgesprochener
Bodenbewohner bekannt. Er brütet in Erdhöhlen in den Prärien Nordamerikas, in
der südamerikanischen Pampa, in Halbwüsten, Savannen und Steppen. Von erhöhten
Plätzen aus lauert der rund 200 Gramm leichte Jäger auf seine Beute -
Heuschrecken, Skorpione, Frösche, Kleinsäuger oder Vögel – um sie im lautlosen
Gleitflug vom Boden aufzuklauben. Insekten kann er auch zu Fuß fangen oder in
der Luft greifen. Allein wegen seines Aussehens ist der Bewohner der
südamerikanischen Tieflandregenwälder, der aber auch in einer Höhe von rund
2000 Metern anzutreffen ist, erwähnenswert.
Uhus, Eulen, Käuze, faszinierende Jäger
Der oben
erwähnte Uhu ist wohl einer der mächtigsten Greifvögel der Erde. Er schlägt nicht
nur den besagten Adler, sondern auch Rehkitze, Krähen, Tauben, Kormorane oder
Kraniche. Ganz besonders wild ist er aber tatsächlich auf andere Raubvögel,
darunter auch seine kleineren EulenkollegInnen. Igel, Forelle, Frischlinge,
Füchse und Hauskatzen, vor dem wilden Jäger ist kaum etwas sicher. Und wer weiß,
dass der Vogel mit einer Flügelspannweite von bis zu knapp zwei Meter Tiere bis
zur Größe von Kaninchen im Ganzen verschluckt, bekommt eine Ahnung davon, was
passieren kann, wenn sich ein Mensch unbedachter Weise zur Brutzeit dem Nest nähert.
Denn bei der Verteidigung des Nests macht der geflügelte Kämpe auch vor Menschen und
Hunden nicht Halt.
Jede der 50
Arten, die die Autoren in ihrem Buch in Wort und großartigen Fotos vorstellen
ist einzigartig, aufregend und begeisternd. Dennoch gelingt es ihnen bei aller
eigenen Faszination den Leser in recht sachlicher Art zu informieren. Neben den
„technischen Daten“, dem Habitat, ausführlicher Beschreibung der Erscheinung,
Beutespektrum, Verbreitung und Bedrohungsstatus lassen die Autoren den Leser
auch nicht über die typischen Laute im Unklaren, die die Vögel von sich geben.
Auch hier eine außerordentliche Bandbreite vom bekannten Uhu-Ruf bis zum
Krächzen oder Kläffen.
Entlegene Inseln mit eigenen Eulenarten
Mike Unwin
und David Tipling haben die vorgestellten Eulenarten auf die sechs
Biogeografischen Regionen (Ökozonen) aufgeteilt, für die sie besonders
charakteristisch sind, auch wenn sich viele Eulenarten in ihrer Verbreitung nicht
unbedingt an die Ökozonen halten. Während die indomalaiische und die australische
Region in einem Kapitel zusammengefasst sind, haben die Autoren noch eine
besondere „Region“ hinzugefügt: Die Inselwelt. Damit stellen sie den interessanten
Aspekt der endemischen Arten in den Mittelpunkt. Da findet der Leser die
winzige Kubaeule, die mittelgroße Malegasseneule oder die Palaueule, die auf
dem entlegenen Archipel, rund 1000 Kilometer nördlich von Neuguinea und 3200
Kilometer südlich von Tokio beheimatet ist.
Ein
wunderbares Buch nicht nur für Eulenfans.
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