Wolfgang Schwerdt für Kulturstrom im
Gespräch mit Frank König
Frank König. Foto visiris |
Der 31jährige
Germanistik-Master in Spe ist Gründer und Kreativer einer
Videoproduktionsfirma, die neben Musikclips, Image- und Promotionfilme auch
Dokumentationen produziert. Vier Jahre
Tätigkeit als freischaffender Journalist hat er auch schon auf dem Buckel. Sicherlich
nicht sonderlich aufregend und erwähnenswert, wenn da nicht dieses Projekt
einer Dokumentation über die Illenau
wäre. In seinem 90-minütigen Film, der im Oktober 2017 in ausgewählten Kinos
gezeigt werden wird, stellt er die wechselhafte 175 jährige Geschichte der
ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt bei Achern in Baden-Württemberg dar. Dass
sein bildgewaltiges Werk – der Trailer vermittelt einen ersten Eindruck – im
Anschluss an die Kinopremiere als DVD, Bluray und Digitalkauf angeboten werden
soll, weist darauf hin, dass es sich nicht um eine der üblichen
Auftragsarbeiten handelt. Das und das Thema selbst sind Grund genug, für
Kulturstrom, sich einmal mit Frank König zu unterhalten.
Kulturstrom:
Einen 90-Minutenfilm mit professionellen Darstellern, 12 Interviewpartnern,
intensiver Recherche und recht aufwändiger Produktion schüttelt auch ein
Filmmensch ja nicht so ohne weiteres aus dem Ärmel. Was hat Sie zu diesem
Abenteuer bewogen?
Filmemacher Frank König u Emre Özlü, Im Rollstuhl Simon Weck, Helmut Schiffner als Direktor Roller, Constanze Fliegel als Schwester. Foto Sebastian Lermen |
König:
Die Idee, eine Dokumentation über die Illenau
zu produzieren, kam Co-Regisseur Emre Özlü und mir, als wir eines Nachts wie schon
so oft unsere Runden um den geschichtsträchtigen Gebäudekomplex der ehemaligen
Heil- und Pflegeanstalt zogen und über Gott und die Welt sprachen. Für mich ist
es das erste Projekt dieser Größenordnung und der Arbeitsaufwand ist höher als
ich zunächst angenommen hatte. Allerdings sehe ich das als willkommene
Herausforderung an und mit den Illenau-Experten
und talentierten Schauspielern des Illenau-Theaters
hatte mein dreiköpfiges Team eine großartige Unterstützung.
Kulturstrom:
Aber es ist ja auch eine finanzielle Herausforderung, wie stemmen Sie
eigentlich das Projekt?
König:
Finanziell trage ich bisher den kompletten Aufwand selbst. Aber gerade jetzt,
wo wir in die Phase kommen, in der der Film entsprechend beworben werden muss, suchen
wir natürlich auch Partnerschaften und Sponsoren. Das können Menschen, Firmen
oder Institutionen sein, die sich wie wir mit der Illenau identifizieren, das können aber auch Geschichts- oder
Filmkunstinteressierte sein, die sich für unser Projekt begeistern.
Kulturstrom:
Die Illenau ist ja in weiten
Teilen der Bevölkerung recht unbekannt und auch ich als musste mir die
Geschichte der „Irrenanstalt“ erst wieder ins Gedächtnis zurückrufen. Was hat
Sie, neben der Tatsache, dass es sich um einen Teil Ihrer Heimatgeschichte
handelt, dazu bewogen, dieses Thema aufzugreifen?
König:
Wenn man hier in der Umgebung aufgewachsen ist, übt dieser Ort eine seltsame Anziehung
auf einen aus. Die Menschen im Dunstkreis der Illenau sind allesamt langjährige Begleiter ihrer Geschichte. Es
gibt Menschen, die ziehen hier tagtäglich ihre Kreise zu Fuß, einfach, um zu
denken! Dieser Ort mit seinem Glockenturm, dem Brunnen, dem angrenzenden
Eiskellerwald und dem Waldfriedhof hat dem Besucher unglaublich viel zu sagen.
Standbild aus dem Dokumantarfilm. Foto visiris |
Und er eignet sich als
geschichtliches Exempel meiner Meinung nach deshalb, weil die Geschichte hier
besonders tiefe Spuren hinterlassen hat. Eine besonders anschauliche Metapher
hierfür ist übrigens die Gedächtnislücke, ein Mahnmal auf dem Gelände der Illenau, das an die Opfer der
„Euthanasie“ erinnern soll.
Kulturstrom:
Können Sie die Geschichte des Gebäudes und damit den Inhalt Ihrer Dokumentation
für unsere Leser noch einmal kurz umreißen?
König: Das spannende an der Geschichte der Illenau ist ihre Dramaturgie. Auf den himmelshohen
Aufstieg folgte hier ein bodenloser Fall! Im Jahr 1842 als die Illenau gegründet wurde, war sie
europaweit als Musteranstalt angesehen. Viele wohlhabende Besucher ließen sich
hier freiwillig einweisen, so auch Schriftsteller und Pfarrer Heinrich Hansjakob,
der während seines Aufenthaltes in der
Illenau sein Tagebuch „Aus kranken Tagen“ verfasste. Zitate aus diesem Werk
sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil unserer Doku und werden immer wieder
eingestreut.
Richtig spannend
wird die Geschichte der Illenau in
meinen Augen, wenn die anfängliche Hochzeit ihren Zenit erreicht hat und sich erste
Anzeichen erkennen lassen, die auf die schrecklichen Verbrechen hinweisen, die
hier während des zweiten Weltkrieges geschehen. Kranke, hilfebedürftige
Menschen werden von hier aus nach Grafeneck befördert, um dort vergast zu werden
und es sind ausgerechnet Vertrauenspersonen, Ärzte, die den hippokratischen Eid
brechen.
Im letzten
Schwerpunkt unserer Dokumentation wollen wir aufzeigen, was die heutige
Gesellschaft aus dem schweren Erbe der Illenau
schaffen konnte. Nach der 50-jährigen französischen Nutzung des Illenau-Geländes durch die französische
Luftwaffe floriert und gedeiht der Komplex heute in den Händen fähiger Acherner
und um es mit den Worten des Oberbürgermeisters Muttach, ebenfalls einer
unserer Experten, auf den Punkt zu bringen: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“
Kulturstrom: Ihr Film soll im Oktober
in ausgewählten Kinos erscheinen. Können Sie schon Orte und Termine nennen?
König: Die Premiere findet am Samstag,
den 7. Oktober ab 19.30 Uhr im Festsaal der Illenau
statt.
Anschließend soll der Film in den umliegenden Kinos gezeigt werden. Wir stehen
bereits im
Gespräch mit den Betreibern des Acherner Kinos Tivoli sowie jenem des
Offenburger
Kinos Forum. Genauere Angaben werden schon bald auf der offiziellen
Homepage zur
Dokumentation folgen.
Kulturstrom: Herr König, ich danke
Ihnen für dieses Gespräch.
Zur visiris-homepage: http://www.visiris.de
Zur
Homepage der Ilmenau-Dokumentation: http://www.illenau-doku.de
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