Handbuch für
Negerfreunde
Darf man
einen Schwarzen als Neger bezeichnen? Na klar, gibt Kabarettist und
Schauspieler Marius Jung die einleuchtende Antwort, wenn man Neger ist. Der
alltägliche unbekümmerte Rassismus und die verbissene Political Correctness
sind Gegenstand des Buches Singen können
die alle. Der Autor geht satirisch an das Thema heran und kann dabei aus
dem Fundus seines eigenen Lebens als Schwarzer in Deutschland schöpfen.
Marius Jung bezeichnet seine satirische schwarze Biographie als Ratgeber. Sowohl der latente Rassist als auch der politisch korrekte „Negerfreund“ werden dabei mit Umgangsregeln, Aufgaben und Anleitungen konfrontiert, die nicht immer nur zum Schmunzeln verleiten, in jedem Fall aber zum Nachdenken anregen. Marius Jung präsentiert seine Lebensgeschichte lustig und selbstironisch. Beim genaueren Lesen wird dem nicht völlig empathieunfähigen Betrachter aber auch die Situation deutlich, in der sich Minderheiten und Menschen mit besonderen Merkmalen in unserer Gesellschaft befinden.
Wenn von allen Seiten
Diskriminierungskeulen drohen
Auch die
nicht Rassisten haben es nicht immer leicht. Etwa dann, wenn die
Diskriminierungskeulen geschwungen werden. Sei es in Form des zweckdienlichen
Rassismusvorwurfs oder der Political Correctness. Marius Jung gelingt es,
Verkrampfungen zu lockern und dadurch die Möglichkeit zu schaffen, sich der
Problematik offen zu nähern. Und das nicht nur mit dem Instrument der Satire.
Sachinformationen und nicht zuletzt logisch nachvollziehbare Überlegungen zum
Gebrauch diskriminierender Begriffe, sowie eine ganz persönliche klare Position
runden das inhaltliche Spektrum des Buches ab.
Auseinandersetzung statt Tabuisierung
Auch wenn es
primär als leichte Unterhaltung daherkommt, Jungs Handbuch für Negerfreunde stellt einen wichtigen Beitrag zur
Rassismusdebatte und zur Frage der Political Correctness dar. Besonders
allergisch reagiert der Autor dabei auf das Bestreben, Wörter mit rassistischem
Hintergrund, also „Böse“ Wörter nicht nur aus dem täglichen Sprachgebrauch, sondern
auch aus der überkommenen Weltliteratur zu tilgen. Jungs Credo: Erst durch die
Auseinandersetzung mit den Begriffen im historischen und gesellschaftlichen
Kontext und nicht durch Tabuisierung lässt sich dem Rassismus begegnen.
Erfahrungen mit dem politisch korrekten
Rassismus
Spätestens
bei Kapitel 17 Exotisch, Lieb, Jung sucht
. . . Neger im TV wird deutlich, dass sich Rassismus und Diskriminierung
nicht nur an der Wortwahl festmachen lassen. Das Phänomen ist vielschichtig und
macht vor den Hochburgen der Political Correctness nicht halt. Oft genug schlägt
die gute Absicht ins Gegenteil um, wie Jungs Erfahrungen bei der
Rollenbesetzung im Fernsehen zeigen. Im gut 150 Seiten starken Büchlein mit dem
lustig provokanten Titel und Cover stecken mehr ernsthafte Denkanstöße für
Rassisten und „Negerfreunde“, als es den Anschein hat.
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