Coverfoto Theiss-Verlag |
Die Zahl der
Muster und Strukturen, die die Natur hervorzubringen in der Lage ist, scheint
unermesslich. Und doch folgen sie in ihrer Entstehung recht einfachen
Prinzipien, die einzeln oder in Kombination überall wiederzufinden sind. Der englische
Wissenschaftsautor Philip Ball führt den Leser mit seinem neuesten Buch Designed by Nature in die faszinierende
Welt der natürlichen Muster und Strukturen ein.
Ganz ohne Mathematik geht es dabei allerdings nicht. Das liegt weniger an der Tatsache, dass der Autor studierter Chemiker und Physiker ist, sondern am Gegenstand der Betrachtungen. Muster und Strukturen erscheinen nämlich in Form von Symmetrien, Fraktalen, Spiralen oder Wellen, bilden Kacheln und Reihen, Risse, Flecken und Streifen, alles Erscheinungen, die mathematischer Logik folgen und mit dieser beschreibbar sind. Glücklicherweise hält sich der Anteil mathematischer Ausführungen in Grenzen. Und es sind nicht nur die wunderbaren Bilder, die im buchstäblichen Sinne veranschaulichen, worüber Philip Ball redet, sondern auch seine zahlreichen verbalen Beispiele. Sprachlich ist das Buch durchaus anspruchsvoll aber in keiner Weise trocken oder gar langweilig.
Bewegung als Triebkraft für Chaos und
Ordnung
Das Buch
wartet mit vielen Überraschungen auf. Denn vieles, was Ball als Muster
vorstellt, nehmen wir bewusst gar nicht als solches wahr. Klar, die Zeichnung
des Tierfells, die Bienenwaben oder die Flügel der Schmetterlinge erkennen
definieren wir als oberflächliche Erscheinungen bereits auf den ersten Blick
als Muster.
Was aber ist
mit einem Flusssystem, Fisch- oder Vogelschwärmen, geologischen Formationen
oder der chaotischen Küstenlinie der Bretagne? Was haben der Blitz mit einem
verzweigten Mündungsdelta, der Achat mit Sanddünen oder die gewaltigen
Felsformationen norwegischer Fjorde mit einem Bruchstein gemeinsam? Philip Ball
verrät es uns und verschafft uns dabei ein Aha-Erlebnis nach dem anderen. Der
Leser lernt zu verstehen, was eigentlich Fraktale sind und warum es diese
Selbstähnlichkeit, die sich über alle Bereiche der Natur erstreckt, überhaupt gibt. Ball vermittelt das spannende
Verhältnis zwischen Ordnung und Chaos und erklärt dabei das Entstehen von
Strömungsmustern, Strudeln und Strömungslinien.
Muster und Strukturen als Ergebnis der Selbstorganisation
Wer mit den
wissenschaftlichen Erklärungen nicht viel anfangen kann, wird mit praktischen
Beispielen versorgt und spätestens die Betrachtung der dazugehörigen faszinierenden
Bilder führen zu einem intuitiven Verständnis der Materie. Und das ist auch
kein Wunder. Denn der Mensch ist – wie der Autor in seiner Einleitung
hervorhebt - von Natur aus darauf geeicht, Muster und Strukturen zu erkennen,
sich an ihnen zu orientieren. Die Prinzipien der Selbstorganisation der Natur
sind verblüffend einfach, sie im Einzelfall zu verstehen, bereitet allein
angesichts der Vielfalt der jeweiligen Einflussfaktoren erhebliche
Schwierigkeiten. Denn, so Ball am Ende seiner Einleitung: „Formen und Effekte
gehen aus dem Zusammenspiel von Komponenten auf eine Weise hervor, auf die man sie
kommen würde, wenn man sie einzeln betrachtet.“
Ein wirklich
spannendes Buch, nach dessen Lektüre und Betrachtung man die Welt mit anderen
Augen sieht, sich auch die innere Schönheit der Naturphänomene neu erschließt.
Philip
Ball: Designed by Nature. Die Natur als genialer Gestalter. Theiss 2016, Gebunden mit Schutzumschlag,
288 Seiten.
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