Sonntag, 24. Juli 2016

Designed by Nature

Die Natur als genialer Gestalter

Coverfoto Theiss-Verlag
Die Zahl der Muster und Strukturen, die die Natur hervorzubringen in der Lage ist, scheint unermesslich. Und doch folgen sie in ihrer Entstehung recht einfachen Prinzipien, die einzeln oder in Kombination überall wiederzufinden sind. Der englische Wissenschaftsautor Philip Ball führt den Leser mit seinem neuesten Buch Designed by Nature in die faszinierende Welt der natürlichen Muster und Strukturen ein.

Ganz ohne Mathematik geht es dabei allerdings nicht. Das liegt weniger an der Tatsache, dass der Autor studierter Chemiker und Physiker ist, sondern am Gegenstand der Betrachtungen. Muster und Strukturen erscheinen nämlich in Form von Symmetrien, Fraktalen, Spiralen oder Wellen, bilden Kacheln und Reihen, Risse, Flecken und Streifen, alles Erscheinungen, die mathematischer Logik folgen und mit dieser beschreibbar sind. Glücklicherweise hält sich der Anteil mathematischer Ausführungen in Grenzen. Und es sind nicht nur die wunderbaren Bilder, die im buchstäblichen Sinne veranschaulichen, worüber Philip Ball redet, sondern auch seine zahlreichen verbalen Beispiele. Sprachlich ist das Buch durchaus anspruchsvoll aber in keiner Weise trocken oder gar langweilig.

Bewegung als Triebkraft für Chaos und Ordnung

Das Buch wartet mit vielen Überraschungen auf. Denn vieles, was Ball als Muster vorstellt, nehmen wir bewusst gar nicht als solches wahr. Klar, die Zeichnung des Tierfells, die Bienenwaben oder die Flügel der Schmetterlinge erkennen definieren wir als oberflächliche Erscheinungen bereits auf den ersten Blick als Muster.
Was aber ist mit einem Flusssystem, Fisch- oder Vogelschwärmen, geologischen Formationen oder der chaotischen Küstenlinie der Bretagne? Was haben der Blitz mit einem verzweigten Mündungsdelta, der Achat mit Sanddünen oder die gewaltigen Felsformationen norwegischer Fjorde mit einem Bruchstein gemeinsam? Philip Ball verrät es uns und verschafft uns dabei ein Aha-Erlebnis nach dem anderen. Der Leser lernt zu verstehen, was eigentlich Fraktale sind und warum es diese Selbstähnlichkeit, die sich über alle Bereiche der Natur erstreckt,  überhaupt gibt. Ball vermittelt das spannende Verhältnis zwischen Ordnung und Chaos und erklärt dabei das Entstehen von Strömungsmustern, Strudeln und Strömungslinien.

Muster und Strukturen als Ergebnis der Selbstorganisation

Wer mit den wissenschaftlichen Erklärungen nicht viel anfangen kann, wird mit praktischen Beispielen versorgt und spätestens die Betrachtung der dazugehörigen faszinierenden Bilder führen zu einem intuitiven Verständnis der Materie. Und das ist auch kein Wunder. Denn der Mensch ist – wie der Autor in seiner Einleitung hervorhebt - von Natur aus darauf geeicht, Muster und Strukturen zu erkennen, sich an ihnen zu orientieren. Die Prinzipien der Selbstorganisation der Natur sind verblüffend einfach, sie im Einzelfall zu verstehen, bereitet allein angesichts der Vielfalt der jeweiligen Einflussfaktoren erhebliche Schwierigkeiten. Denn, so Ball am Ende seiner Einleitung: „Formen und Effekte gehen aus dem Zusammenspiel von Komponenten auf eine Weise hervor, auf die man sie kommen würde, wenn man sie einzeln betrachtet.“
Ein wirklich spannendes Buch, nach dessen Lektüre und Betrachtung man die Welt mit anderen Augen sieht, sich auch die innere Schönheit der Naturphänomene neu erschließt.

Philip Ball: Designed by Nature. Die Natur als genialer Gestalter. Theiss 2016, Gebunden mit Schutzumschlag, 288 Seiten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen