Im Sammelband mit vier Episoden um den Kleinstadtmedicus Professor Jakob Fürchtegott Froebius erzählt Norman Nekro Geschichten im Genre der schwarzen Romantik. In der Atmosphäre der nachnapoleonischen Ära führt er seine Leser in eine Welt, die von Aufklärung und Naturwissenschaft einerseits, Mystik und Okkultismus andererseits geprägt ist.
Froebius hat sich seine Meriten als preußischer Militärarzt während der Befreiungskriege verdient und betreibt als lizensierter städtischer Medicus im Herzogtum Nassau eine Kleinstadtpraxis. Ganz im aufgeklärten Geist seiner Zeit ist er leidenschaftlicher Verfechter der Naturwissenschaften, der Logik und Vernunft und betrachtet den weitverbreiteten Aberglauben und die Okkulten Strömungen, die ebenfalls zum damaligen Zeitgeist gehörten, durchaus mit einer gewissen Überheblichkeit. Für Froebius ist klar: es gibt für alles eine vernünftige Erklärung und Geister, Dämonen oder dunkle Mächte gehören eindeutig nicht dazu.
Froebius – im Dienste von Wissenschaft, Logik und Vernunft
Aber bereits in der ersten Geschichte „Dämonenbrut“ gerät der wackere Professor als Geburtshelfer in den „Bannkreis des Unheimlichen“, wie Norman Nekro seine Geschichtenserie nennt. In „Das Blutkreuz der Templer“ bekommt es der unerschrockene Mediziner mit den Verehrern eines uralten Dämonen zu tun und spätestens bei den „Flammenmönchen“ sollte man meinen, Froebius könnte aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen wenigstens den Spruch mit den Dingen zwischen Himmel und Erde akzeptieren. Dem aber ist mitnichten so. Für den auch als städtischer Gerichtsmediziner tätigen ehemaligen Feldscher steht fest: Für das, was der Logik nicht zugänglich zu sein scheint, muss die wissenschaftliche Erklärung eben noch gefunden werden.
Und so geht Froebius, der allein deshalb kein Geisterjäger sein kann, weil für ihn Geister schlichtweg nicht existieren, auch im Falle des „Todestagsverkäufers“ den unheimlichen Begebenheiten mit aller gebotenen Vernunft und Logik auf den Grund. Hier ermittelt er ein wenig neben der Legalität im Auftrag eines Todeskandidaten und posthum eines erst kürzlich - wie vom Todeszeitverkäufer vorhergesagt - Verstorbenen und stößt dabei auf eine völlig absurde Geschichte. Deren Realität lässt sich auch mit Logik einfach nicht widerlegen. Und ganz unversehens hat der wackere Doktor im Namen der Vernunft wieder einmal seine Nase viel zu weit in den Bannkreis des Unheimlichen gesteckt.
Schwarze Romantik im modernen Gewand
Mit der letzten und auch längsten Geschichte ist Norman Nekro endgültig in seinem Genre angekommen. Bereits die ersten dämonischen Abenteuer des Kleinstadtarztes zeichnen sich unter anderem durch eine faszinierende Atmosphäre zwischen schwarzer Romantik, historischer Realität, Mystik und Okkultismus aus, die dem damaligen Zeitgeist durchaus nahekommen dürfte. Im Flammenmönch gelingt es Norman Nekro, die historische Kulisse noch dichter zu weben als zuvor. Der Leser findet sich nun – natürlich auch durch die Vorbereitung der vorhergehenden Abenteuer - unvermittelt in der Epoche wieder, aus deren Geist heraus nicht zuletzt die schwarzromantischen Romane Frankenstein und Dracula entstanden sind. Und es ist die Mischung, aus historisch genauer Szenerie, dämonischen Kräften und neuzeitlicher Medizinwissenschaft, die den Leser sofort packt und ihn über die dem Schriftsteller eigene Fabulierkunst wie ein Strudel in das spannende und genussvoll gruselige Geschehen hineinzieht.
Froebius: Intelligent, unterhaltsam, stilsicher
Wer übrigens Horror erwartet, im Sinne von Trash oder Splatter, sollte die Lektüre des Buches gar nicht erst in Erwägung ziehen. Nekros Buch ist literarisch anspruchsvoll und intelligent und dennoch leicht und flüssig zu lesen. Der Autor hat zudem die Zeit in der seine Geschichten spielen hervorragend recherchiert und schreibt immer im angemessenen Stil. Für den Leser, der sich für Geschichte und möglicherweise besonders für die beschriebene Epoche interessiert, ist das E-Book mit den mysteriösen Abenteuern des Professor Froebius eine willkommene unterhaltsame Lektüre.
Erwähnenswert vielleicht, dass Professor Froebius – im Gegensatz zu beispielsweise einem ebenfalls dem Verstand verfallenen Sherlock Holmes – oft genug keine logische Erklärung für die Phänomene und dämonischen Begegnungen findet, die ihn und sein Umfeld immer wieder ganz real in nahezu ausweglose Situationen, in Todesgefahr bringen. Und auch der Autor mischt sich diesbezüglich nicht in das Geschehen ein.
Norman Nekro: Froebius! Im Bannkreis des Unheimlichen 1. Amazon Media Kindle Edition 2012. Ca. 152 Seiten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen