Freitag, 12. Februar 2016

Der Fliegende Holländer, ein Opern(ver)führer



Mit "Der Fliegende Holländer, ein Opern(ver)führer", hat Ruprecht Frieling seine zweite Wagneroper literarisch aufs Korn genommen. Nicht nur das Thema, auch das inhaltliche Konzept sind gute Gründe, das gerade erschienene Buch auf Marexpedi vorzustellen.

Freunden der Seefahrt ist die Geschichte vom Fliegenden Holländer bekannt: Auf einem geheimnisvollen Skipper aus Amsterdam lastet ein fürchterlicher Fluch. Der Seemann wollte das sturmumbrauste Kap der Guten Hoffnung umsegeln, das bereits tausenden Seeleuten den Tod beschert hatte. Händeringend verfluchte er die unberechenbare See und bot dem Teufel seine Seele, wenn der ihm bei der Umschiffung helfe. Der Höllenfürst ließ sich nicht lange bitten und nahm das Angebot an – der Seemann konnte das Kap umschiffen. Seitdem durchpflügt der Kapitän auf einem unsinkbaren Geisterschiff die tobenden Meere. Den Schwur hat er längst bereut. Verzweifelt will er dem leichtfertigen Eid entkommen und in blutigen Gefechten mit anderen Schiffen untergehen. Sein sehnlichster Wunsch ist Erlösung durch Tod. Doch der unselige Seebär ist chancenlos, seinen Kahn auf Grund zu setzen.

Wagner und seine Beziehungskisten

Bei Wind und Wetter fliegt der todbringende Dreimaster mit geblähten Segeln über die Schaumkronen hinweg und kündigt neues Unheil an. Seefahrer aller Herren Länder verbreiten die schauerliche Mär vom Segelschiff, das aus der unergründlichen Tiefsee auftaucht. Wer den »Fliegenden Holländer« sieht, ist dem Untergang geweiht. Das Phantom wird zur Legende. Dem geisterhaften Schiffsführer des Phantomschiffes selbst bleibt jedoch ein Silberstreif am Horizont: Alle sieben Jahre darf er von Bord, um eine Frau aufzuspüren, die ihm ewige Treue schwört. Nur mit dieser einen könnte er endlich den lang ersehnten Frieden für sich und seine Mannschaft finden. Und an der sich aus diesem Aspekt ergebenden Beziehungsstory setzt Richard Wagners Oper an.
Frieling erzählt das Operngeschehen in seiner bekannt dynamischen und anschaulichen Art nach. Da krachen die Orchesterwellen über das Schanzkleid, kämpfen die Stimmen der Protagonisten gegen das Instrumentalunwetter an und werden mächtige Bühnenbilder vor dem geistigen Auge des Lesers lebendig.

kultur- und literaturgeschichtliche Hintergrundinfos

Was auf den ersten Blick bei Frielings Interpretation gelegentlich respektlos zu klingen scheint, ist schlichtweg eine zeitgemäße und unterhaltsame Darstellung des Opernstoffes, abseits aller Schwülstigkeit. Wer das Original liebt, mag sich am im Original angehängten Libretto erfreuen. Der Autor beschreibt übrigens auch die zweifellos eindrucksvollen Seefahrtserlebnisse des Richard Wagner, die den Komponisten zu seinem Opernwerk inspiriert hatten. Und nicht zuletzt stellt er auch Wagners literarische Quellen, Heinrich Heine, Frederick Marryat und Wilhelm Hauff mit ihren Geschichten über den Fliegenden Holländer beziehungsweise das Geisterschiff vor. Dass Ruprecht Frieling den Seefahren des 16. und 17. Jahrhunderts in seinem Abriss über die historischen Hintergründe der Sage ausgerechnet Koggen statt der üblichen Galeonen und speziellen Ostindienfahrer für ihre Weltumsegelungen unterjubelt, sei dem ausgewiesenen Wagnerkenner und Opernspezialisten nachgesehen.
Empfehlenswert erscheint mir das Buch auch unter kulturgeschichtlichen Aspekten zur Seefahrt durchaus. Und wer die alten Legenden vom Fliegenden Holländer mag, der wird sich auch für Frielings Interpretation der Wagneroper begeistern können.

Ruprecht Frieling: Der Fliegende Holländer. Ein Opern(ver)führer. Internet-Buchverlag 2015. Erhältlich als Paperback sowie als E-Book für Kindle und Tolino

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